HARBURG-ENGLISCHE DAMPFSCHIFFFAHRTS-GESELLSCHAFT
Schon
seit 1846 gab es Pläne für eine Dampfschifffahrtslinie von Harburg nach Hull
bzw. London. Es dauerte jedoch bis 1855, bevor die Harburg-Englische Dampfschifffahrts-Gesellschaft mit einem
Kapital von 350.000 Thaler, aufgelegt zur Zeichnung im Königreich Hannover,
Berlin, Magdeburg, Braunschweig und Frankfurt am Main, gegründet wurde. Nach
den Statuten vom März 1855 war Gegenstand der Reederei, mit eisernen
Schraubendampfern zwischen Harburg und England eine regelmäßige Güter- und
Passagierfahrt zu betreiben.
Vorgesehen
waren zwei Routen mit je zwei Schraubendampfern, nach London und nach Hull. Am
23.3.1855 erhielt die Reederei das Recht „juristischer Persönlichkeit“ vom
Ministerium des Inneren verliehen. Dem 7-köpfigen Verwaltungsrat gehörten u.a.
der Industrielle Georg Egestorff und der große jüdische Bankier Adolph Meyer
aus Hannover an. Präsident des Verwaltungsrats war Konsul E. Friedrich Heins.
Da
die deutschen Schiffbauer im Gegensatz zu englischen Werften keine günstigen
Angebote für eiserne Schraubenschiffe abgeben konnten, entschied man sich die
Schiffe in England bauen zu lassen und bestellte dort vier Dampfer mit
Schonertakelung ("Lütcken" BRT 377, "Borussia" 354 BRT,
"Saxonia" 354 BRT, "Kielmansegge" 422 BRT). Die Lieferung
der Schiffe erfolgt 1856 bzw. 1857, so dass der Linienbetrieb zügig aufgenommen
werden konnte. Wichtigste Einnahmequelle war dabei der Transport und die Einfuhr
von Baumwolle aus England nach Deutschland.
Die Entscheidung in Hamburg ab dem Jahr 1858 auf den Eingangszoll für Baumwolle zu verzichten, führte dementsprechend zu einer neuen wirtschaftlichen Ausgangslage. Profitierte die Harburg-Englische Dampfschifffahrts-Gesellschaft Gesellschaft vorher davon, dass Harburg diesen Zoll nicht erhob, so war dieser Vorteil danach aufgehoben. So verlagerte sich der entsprechende Schiffsverkehr in das wesentlich größere Hamburg.
Außerdem waren die "Borussia" und die "Saxonia" die Sorgenkinder der Gesellschaft geworden. 1857 mussten beide Dampfer repariert werden. Die "Saxonia" wegen Kesselproblemen und die "Borussia" nach einem Unfall. Letztere brauchte 1858 auch noch einen teuren neuen Kessel. Diese Kosten trugen wesentlich dazu bei, dass das Wirtschaftsjahre 1857 mit einem Verlustsaldo von 49.386 Thaler endete. Da sich dieser Saldo am Ende des Jahres 1858 bereits auf 52.703 Thaler erhöht hatte und die wirtschaftliche Perspektive nicht rosig war, wurde im Mai 1859 beschlossen, den Betrieb mit zwei Schiffen aufrecht zu erhalten und alle vier Schiffe zu verkaufen. Was de facto die Liquidation der Gesellschaft bedeutete.
Im
September 1859 wurde die Gründung einer Nachfolgegesellschaft geprüft, die als
"Neue Harburger See-Dampfschifffahrts-Gesellschaft" firmieren sollte.
Sie hätte die vier Dampfer zu einem Preis von höchstens 150.000 Thaler kaufen
sollen, doch obwohl das Finanzministerium und der Magistrat von Harburg eine
Subvention versprachen, wurden nur 4.000
Thaler gezeichnet. Die Neugründung unterblieb unter diesen Umständen.
Die
vier Dampfer der Gesellschaft konnten schließlich im Januar 1860 versteigert
werden.
Der Käufer "General Steam Navigation Co." aus London bezahlte
insgesamt 120.000 Thaler. Da die Schiffe einen Buchwert von knapp 300.000 Thaler
hatten, verloren die Aktieninhaber einen großen Teil ihres eingesetzten
Kapitals. Sie erhielten 1860 40 Thaler pro Aktie zurückgezahlt und 1866 nochmals 20
Thaler als Schlusszahlung.
Die Englandfahrt von Harburg übernahmen nach 1860 in kleinerem Umfang die Hull-Harburg Steam Navigation und die General Steam Navigation Co..