HAMBURG-BRASILISCHEN DAMPFSCHIFFAHRT-GESELLSCHAFT, HAMBURG
1855 taten sich vier Hamburger Firmen zusammen und faßten am 3. November den Entschluss die Hamburg-Brasilische Dampfschiffahrt-Gesellschaft zu gründen. Der Direktion gehörte u.a. der berühmte Reeder Ferdinand Laeisz an, Makler wurde die Firma Knöhr & Burchard, die auch die treibende Kraft hinter der Gründung war.
Die neue Reederei hatte sich die Förderung des Handels mit Brasilien und der Kolonisation des Landes zur Aufgabe gestellt und konkurrierte damit mit anderen deutschen Häusern und internationalen Gesellschaften. Wie hart die Konkurrenz in diesem Fahrgebiet war, geht daraus hervor, dass von den sieben vor der Hamburg-Brasilischen gegründeten internationalen Dampfreedereien nach Südamerika, nur eine einzige über das Jahr 1858 hinaus bestehen konnte. Die per Postkontrakt subventionierte britische Royal Mail Line.
Das auf 2 Mio. Mark Banco festgesetzte Gesellschaftskapital wurde wohl auch
deshalb nur zu knapp zwei Drittel gezeichnet. Trotzdem konnte die Reederei im
Februar 1856 bei Caird in Greenock zwei Dampfer bestellen, die den größten
Schiffen der Royal Mail Line gleichwertig waren. Am 20. Dezember 1856 machte die
„Teutonia“ ihre Jungfernreise von Hamburg nach Rio de Janeiro. Die „Petropolis“ folgte am 25. Februar 1857. Mit
der ebenfalls neu gegründeten European & American Steam Shipping Company in
Southampton wurde ein gemeinsamer Fahrplan vereinbart. Die European & American
stellte aber schon im Herbst 1857 den Betrieb wieder ein.
Die Geschäfte der Hamburg-Brasilischen Dampfschiffahrt-Gesellschaft liefen,
trotz ermutigender einzelner Reisen, nicht besonders gut. Trotzdem wurde im
September 1857 eine Zweiglinie von Rio de Janeiro südwärts nach Santos,
Desterro, Rio Grande do Sul und den La Plata-Häfen Montevideo und Buenos Aires
beschlossen. Von dieser Linie versprach man sich einen erfolgreichen
Zubringereffekt für die eigene Überseelinie. Zur Umsetzung dieses Vorhabens
sollte es aber nicht mehr kommen.
Die Gesellschaft geriet mehr und mehr in Liquiditätsschwierigkeiten. Am 6.
Oktober 1857 war bei Caird im schottischen Greenock das dritte Schiff für die
Hamburg-Brasilische nach Taufe auf den Namen „Prinzessin von Joinville“ vom
Stapel gelaufen. Die Krise hatte sich jedoch schon verbreitet, so dass Caird
den Dampfer nur gegen Barzahlung abzuliefern bereit war. Dazu waren die Hamburger jedoch nicht mehr in der Lage. So lag das 2500-BRT
Schiff noch an der Werft als es am 20. Dezember seine Jungfernreise antreten
sollte. Ein neuer Ablieferungstermin wurde für den Februar 1858 vereinbart.
Inzwischen versuchte die Hamburg-Brasilische, dass zum Überleben notwendige
Kapital zu erhalten. Dafür hatten die besorgten Aktionäre eine Kommission
eingesetzt, die letztlich einen sehr ungewöhnlichen Vorschlag machte. Durch eine
Lotterie deren Hauptgewinn der Neubau „Prinzessin von Joinville“ sein sollte,
hoffte man 1,3 Mio. Mark Banco aufbringen zu können. Doch wie fast zu erwarten
versagte der Hamburger Senat diesem Vorhaben die Genehmigung.
Damit war der Weg zum Konkursrichter unvermeidbar, der 1858 die kurze Geschichte der Gesellschaft beendete. Die Dampfer „Teutonia“ und „Petropolis“ gingen in den Besitz der Hapag über, während die „Prinzessin von Joinville“ britische Eigentümer fand. Letztlich die richtige Entscheidung, denn 1859 wurde in einem Erlass des preußischen Handelsministers von der Heydt, Agenten und Spediteuren die Konzession zur Beförderung nach Brasilien entzogen.