UNION GIESSEREI, KÖNIGSBERG

Das Zustandekommen des Mascopie-Contract zwischen den Familien Laubmeyer, Dultz und Schnell am 1. Mai 1828 wird als Gründungsdatum für die Union-Gießerei angesehen, die zu diesem Zeitpunkt noch als "die alte Eisengießerei" bezeichnet wurde. Die Gießerei lag in Königsberg (dem heutigen Kaliningrad) in der Butterbergs Straße, die Bezeichnung "Union-Gießerei" taucht erstmals 1845 auf. Am 1. April 1846 übernimmt Johann Gottfried Dietrich Wilhelm Ostendorff die Leitung der Firma. Ostendorff hatte in den Jahren zuvor in England den Bau von Schiffsmaschinen und Lokomotiven studiert. Mit seinem Wissen wird der Bau von Dampfmaschinen und die Kesselfabrikation aufgenommen. Auch der Schiffsbau beginnt, am 5. Juni 1855 läuft das erste Schiff mit einer 40 PS starken Dampfmaschine vom Stapel.

Im Jahr 1853 wird Königsberg mit Berlin durch die Eisenbahn verbunden und die Union-Gießerei  nimmt Verhandlungen zur Lieferung von Lokomotiven an die Königliche Ostbahn auf.  1854 wird die erste Lok in Auftrag gegeben. Ein Jahr später wird am 5. Dezember die Auslieferung der ersten Dampflok an die Königliche Preußische Ost-Bahn. Die hundertste Lokomotive verlässt das Werk 1878, die fünfhundertste 1890, die tausendste 1899. Zu dieser Zeit produziert die Union-Gießerei neben Maschinen aller Art auch Schiffe und Brücken, einschließlich der neuen Klappbrücken Königsbergs.

1869 tritt E. Radok in die Firma als Oberingenieur ein. Er wird den Lokomotivbau bei der Union-Gießerei in den folgenden Jahren entscheidend beeinflussen. Nach Ostendorffs Tod 1876 führt Radok die Union Gießerei und widmet sein ganzes Leben ihrer Weiterentwicklung und der Entwicklung seiner neuen Heimat. Er ist nicht nur Firmenchef und Ingenieur, sondern spielt auch eine Rolle im öffentlichen Leben und erwirbt sich den Respekt aller, die mit ihm in Verbindung kommen. Er unterstützt die Entwicklung von Heimindustrieen und wird Mitbegründer einer neuen Bank. Von 1896 an ist er Mitglied des Stadtrats von Königsberg. Im Jahr 1899, bei der Feier der Fertigstellung der tausendsten Lokomotive, wird er zum Königlichen Kommerzienrat ernannt. Als Elias Radok stirbt 1910 als ein wohlhabender und hochgeachteter Mann.

Schon vor dem Tod Ostendorffs 1876 waren die Entwürfe zur Umstrukturierung des Unternehmens erstellt worden. Man entscheidet das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Am 2. Juni 1881 erscheint die Bekanntmachung, dass die offene Handelsgesellschaft aufgelöst und in eine Aktiengesellschaft unter gleichnamiger Firma umgewandelt ist. Dem Vorstand des Unternehmens gehören E. Radok und Arthur Ostendorff an.  

Bereits vor 1900 sah sich die Leitung des Werks gezwungen, die Fabrikationsstätten zu verlegen, da eine weitere Ausdehnung in Königsberg nicht möglich war und die verursachten Geräusche dauernde Schwierigkeiten mit staatlichen und städtischen Behörden zur Folge hatten. Eine 1897 vorgesehene Verlegung am oberen Pregel, also östlich von Königsberg, musste aufgegeben werden. Schließlich fand sich 1907 ein geeignetes Gelände am unteren Pregel beim damaligen Gut Contienen, vier Kilometer von Königsberg entfernt. Ein etwa drei Kilometer langes Bahnanschlussgleis zum Bahnhof Ponrath erhielt das Gelände 1908.

Die Verlagerung erfolgte nach Fertigstellung der einzelnen Werkstätten kontinuierlich ohne jede Stockung und ohne Verzögerungen in der Fertigstellung der Aufträge und war bis zum Beginn des Krieges 1914 abgeschlossen. Die bebaute Fläche umfasste 61.400 qm, 175.685 qm bereits erschlossenes Gelände und die freie Lage sicherten eine Ausbaufähigkeit, die leider nie genutzt werden konnte.

Nach dem Tod Radoks 1910 übernahmen die Oberingenieure Georg Panck und Paul Fischer zugleich mit dem Regierungsbaumeister a.D. Max Hartung die Leitung des Werks. Direktor Fischer musste 1920 aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten und nach dem Tod von Georg Panck 1923, übernahm Hartung allein die Leitung bis zum Eintritt von Dr. ing. eh. Paul Brehm im November 1925.

Das Werk gehörte 1926 nicht zu denen, die im DRG-Lokquotensystem vertreten waren und automatisch einen bestimmten Anteil an den Aufträgen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft bekamen. Es musste (oder konnte) selbst mit der DRG verhandeln, vermutlich ist dies auch der Grund, warum 1925-1927 keine Lieferung in der Lieferliste zu finden sind. Erst im Zuge der "Ostlandhilfe" erhält die Union-Gießerei zusammen mit dem zweiten ostpreußischen Hersteller Schichau 1927 weitere Aufträge zum Bau der DRG-Baureihe 64 und 80. Aber das konnte den Lokomotivbau in Königsberg scheinbar auch nicht retten, 1929 wird die letzte Lokomotive mit der Fabriknummer 2842 aus diesem Auftrag ausgeliefert. Zwar sollte auch Union einen Teil der 50 von der DRG 1930 in Auftrag gegebenen Schnellzuglokomotiven bauen, jedoch scheiterten die Verhandlungen mit der DRG. Ab dem 17. März 1930 wird der Union-Betrieb als Zweigwerk der F. Schichau GmbH geführt, die 1931 das Unternehmen vollständig übernimmt. Doch auch das rettet das Unternehmen nicht vor dem Konkurs der 1936 abgeschlossen ist. 

Richtig nachvollziehen kann man die Emissionen der Firma nicht. So ist zu vermuten, dass im Jahr der Umwandlung in eine AG Aktien ausgegeben wurden. Das Kapital soll jedenfalls bis 1898 550.000 Mark betragen haben. Wie sich das allerdings mit der ältesten bekannten Emission aus dem Jahr 1893 verträgt bleibt fraglich. Die fünf bekannten Stücke dieser Emission tragen jedenfalls Nummern zwischen 1394 und 1529.

Emission Nominal Auflage  
1893 1. 000 Mark   x ? Union Giesserei 1893.jpg (313974 Byte)
1898 1. 000 Mark 1.630 Union Giesserei 1898.jpg (614034 Byte)
1909 1. 000 Mark   2.180 Union Giesserei 1909.jpg (610496 Byte)
1919 1. 000 Mark   5.000 Union Giesserei 1920.jpg (227841 Byte)
1921 1. 000 Mark   10.640 Union Giesserei 1921.jpg (544089 Byte)
1921 1. 000 Mark Vorzugsaktien   1.500  
1922 1. 000 Mark   20.000 Union Giesserei 1922.jpg (202767 Byte)
1922 1. 000 Mark Vorzugsaktien 1.500  

1924 wurde das Kapital von 43 Mio. Mark auf 4.030.000 RM umgestellt. (160 Stammaktien zu 50 RM, 39.920 zu 100 RM und 3.000 Vorzugsaktien zu 10 RM).