AG "NEPTUN" SCHIFFSWERFT UND MASCHINENFABRIK IN ROSTOCK

Die Geschichte der Actien-Gesellschaft "Neptun" beginnt 1850. In diesem Jahr wurde die "Rostocker Dampfschiff-Fahrt-Gesellschaft" gegründet, die mit zwei eisernen Dampfschiffen einen Linienverkehr zwischen Rostock und St. Petersburg errichten wollte.

Dieses Ereignis hatte zur Folge, dass der bis dahin als Gegner von Eisenschiffen bekannte Schiffszimmerer Wilhelm Zeltz, eine Schiffswerft "..zur Erbauung von Dampf- und eisernen Schiffen" gründete. Hinter Zeltz stand so wird vermutet, Albrecht Tischbein ein Konstrukteur, der 1837 für die Magdeburger Elb-Dampfschiff-Fahrts-Compagnie einen hölzernen Raddampfer gebaut hatte.  Als er 1850 von dem Rostocker Vorhaben erfuhr, machte er, da er durch seine Eltern mit den Rostocker Verhältnissen vertraut war, ein Angebot. Wilhelm Zeltz hatte zuvor ein Angebot für einen hölzernen Dampfer eingereicht, dass aber nicht angenommen wurde. Danach begann das zeitweilige gemeinsame Wirken von Zeltz und Tischbein, was die Gründung der "Schiffswerft und Maschinenfabrik von Wilhelm Zeltz und Albert Tischbein" 1850 zur Folge hatte.

Im September 1851 war es soweit, der erste in Deutschland gebaute seefähige eiserne Schraubendampfer lief vom Stapel. In den folgenden Jahren blühte der Schiffsbau in Rostock und es entstanden neben der Tischbein Werft, die Patent-Slip-Compagnie, die Holzschiffswerft von Emil Padderatz und die Maschinenfabrik nebst Werft für den Bau eiserner Schiffe von Witte & Abendroth. Alle waren mehr oder weniger erfolgreich und so kam es zum Zusammenschluss. Zuerst durch die Gründung der "Aktien-Gesellschaft "Hansa"- Werft für eiserne Schiffe und Maschinenbauanstalt (vorm. Tischbein) die aber schon 1878 liquidiert werden musste und schließlich an die Fa. Ernst Burchard verkauft wurde. Die Gesellschaft firmierte von da an als "Burchards Schiffswerft und Maschinenbau-Anstalt" .

1871 wurde dann die Rostocker Actien-Gesellschaft für Schiffs- und Maschinenbau gegründet. Diese Gesellschaft übernahm die Maschinenfabrik nebst Werft für den Bau eiserner Schiffe von Witte & Abendroth und 1881 auch die ehemalige "Aktien-Gesellschaft "Hansa"- Werft für eiserne Schiffe und Maschinenbauanstalt (vorm. Tischbein). Damit war aus den vielen kleinen Werften ein Unternehmen entstanden, das mit anderen Unternehmen wie Blohm & Voß oder der Bremer Schiffbau AG in der ersten Reihe der deutschen Werften stand.

Aber die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hielten trotz der Fusion an. Im Jahre 1890 veranlasste daher der Hauptgläubiger, die Rostocker Bank, die Rostocker AG umzubilden. Am 23. Dezember 1890 kam es so zur Gründung der "Actien-Gesellschaft 'Neptun' Schiffswerft und Maschinenfabrik". Die wirtschaftliche Lage in Rostock war jedoch nicht einfach. Von 1891 bis 1895 sank so die Zahl der Beschäftigten von 622 auf 404 und der Stundenlohn fiel von 836,67 Mark auf 824,12 Mark. Erschwerend kam hinzu, dass die Werft wenn sie konkurrenzfähig sein wollte, modernisiert werden musste. Bis 1898 wurden für verschiedene Investitionen 1.300.000,00 Mark aufgewendet.

Blick in die Maschinenbauhalle um 1910 (aus Neptunwerft..., Hrsg. Hansestadt Rostock 1995) (53 KB)

Auf diesem Fundament entwickelte sich die Werft und hatte eine gute Position im zivilen Schiffbau. 1914 wurde die Werft dann auch in den militärischen Schiffbau einbezogen. Unter anderem wurden Torpedoboote und U-Boote gebaut.

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg war schwierig. Ein Überangebot an Tonnage und die Beschränkungen des Versailler Friedensvertrages waren ungünstige Rahmenbedingungen. Trotzdem gegründete man 1923 aus Inflationsgewinnen die Neptun-Sauerstoff AG gegründet. Außerdem beschloss die Generalversammlung für neu ausgegebene 125 Mio. Mark Stammaktien ein modernes Martinswerk, ein Walzwerk und ein Rohrschweißwerk zu bauen.

Der Traum zerplatzte mit dem Anschluss an den DESCHIMAG Konzern und die Bauten wurden eingestellt. In der Folgezeit verlor das Geld immer stärker an Wert. Die Werft entschloss sich Notgeld herauszugeben welches vom 5. November 1923 bis 31. Dezember 1923 gültig war. Zum 1. Januar 1924 war eine Goldmarkbilanz zu erstellen. Danach erhielt der Vorstand vom Aufsichtsrat die Mitteilung, dass das verbleibende Vermögen  550.000 RM betrug. Die Aktien von 150.000.000 Mark wurden im Verhältnis 300:1 entsprechend auf 500.000 RM umgestellt.

Es folgten rote Zahlen und im Oktober 1924 mußte die Stadt Rostock sogar die Liquidation mit einer einmaligen Beihilfe in Höhe von 300.000 RM verhindern. Aber es reichte nicht und erst ein Betriebsmittelkredit in Höhe von 3.410.000 RM und ein weiterer Kredit in Höhe von 1 Mio. RM sicherten den Fortbestand der Werft.

      Neptun 1924.jpg (455610 Byte)      Aktie der AG "Neptun" vom 31. August 1927 (205 KB)

Die in den folgenden Jahren dramatische Entwicklung der Werftindustrie, war nur mit einem Zusammenschluß und durch eine drastische Reduzierung der Kapazitäten zu meistern. Die Gründung der Deutschen Schiffs- und Maschinenbau AG (DESCHIMAG) 1926 war die Antwort. 1927 übernahm die DESCHIMAG 75% der "AG Neptun". Dies hatte zur Folge, dass es für die Werft immer weniger lukrative Aufträge gab. Die Konzernpolitik bestand darin Aufträge für Neubauten der Stammwerft zukommen zu lassen und in den anderen Betrieben durch Stilllegung oder Abwrackung Kapazitäten zu vernichten.

In der Folge überlebte die Werft mit kleinen Aufträgen. 1931 kam es jedoch zum Zusammenbruch der der Schröder-Bank, die bis dahin die Hausbank der DESCHIMAG war. Die Bank wurde zwar mit Hilfe des Bremer Senats gerettet, der Konkurs der Neptun Werft war jedoch unausweichlich. Zwar hatte der Betrieb Glück, es kamen unverhofft noch einige Aufträge aus der UdSSR und die Reichsregierung unterstützte die Werft durch Verschrottungsaufträge, doch trotzdem fand am 16. Juli 1934 vor dem Amtsgericht Rostock der Zwangsvergleich statt. Die Actien-Gesellschaft "Neptun" Schiffs- und Maschinenfabrik wurde aufgelöst.

Heute existiert das Unternehmen, nachdem 1991 der Schiffsneubau eingestellt werden musste, als Reparaturwerft und gehört zur Meyer Unternehmensgruppe in Papenburg.

In eigener Sache:

Zum Schluß mache ich eine "Werbeausnahme" und empfehle Ihnen das Buch "Neptunwerft" von Joachim Stahl. Leider ist es wohl zwischenzeitlich vergriffen, so daß es nur noch über Antiquariate bezogen werden kann. Ein reich bebildertes Buch, das ich jedem der an der Geschichte dieser Werft und am Schiffbau in Rostock  interessiert ist nur empfehlen kann. In ihm finden Sie auch die weitere Entwicklung der Gesellschaft von 1934 bis in die Gegenwart.